Sonntagsgedanke vom 09. Januar 2022

Emotionales Chaos und die geistige Ordnung des Evangeliums


Als ich angefangen habe, mich auf meine heutige Ansprache vorzubereiten, fühlte ich mich überhaupt nicht gut. Obwohl es für einen Haushalt mit drei kleinen Kindern eigentlich gut aufgeräumt war, fühlte ich mich umgeben von Chaos. Die Weihnachtsdeko, die ich Ende November voller Freude aufgestellt hatte, störte mich fürchterlich. Es war der 6. Januar und ich wollte sie einfach nur weg haben. Am Tag zuvor waren alle unsere drei Kinder gegen geimpft worden …eine ganz tolle Idee meinerseits… und waren alle noch etwas mitgenommen und entsprechend aufmerksamkeits- und liebebedürftig. Ständig fiel irgendetwas krachend zu Boden, ständig heulte einer, ständig wollte einer was von mir, oder auch alle gleichzeitig. Irgendwie sah ich an diesem Tag noch mehr alle Ecken, in denen es nicht aufgeräumt und geputzt war. Meine Freundin wollte einen Tag später zu Besuch kommen und ich wollte mich darauf freuen, weil wir uns wirklich lange nicht mehr gesehen hatten. Aber ich konnte es einfach nicht, weil um mich herum und vor allem in mir Chaos war.

Da musste ich daran denken, dass mir in den letzten Wochen und Monaten seit der Generalkonferenz immer wieder Denkanstöße zu einem Thema besonders aufgefallen sind. Sicher deshalb, weil es für mich gerade wichtig ist und weil der Vater im Himmel uns stets gerne die Offenbarung zuteilwerden lässt, die wir gerade brauchen. Und dieses Thema ist im weitesten Sinne „Ordnung“.

Als erstes ist mir das Thema besonders aufgefallen, als ich die Ansprache von Elder Sikahema (von den Siebzigern) gehört habe, die den Titel trägt „Ein Haus der ordnungsgemäßen Reihenfolge“. Er spricht in seiner Ansprache darüber, wie dankbar er dafür ist, dass es im Evangelium Jesu Christi Ordnung und bestimmte Reihenfolgen gibt, die uns Halt geben und uns helfen, glücklicher zu sein.

Ich bin an sich ein ordnungsliebender Mensch, auch wenn es bei uns sicher nicht immer aufgeräumt und auch nicht blitzblank ist. Aber diese Ansprache hat mir damals so aus der Seele gesprochen, dass ich sie sogar bei einem Evangeliumsabend bei uns zu Hause zum Thema gemacht habe und versucht habe, meinen Kindern auch das Thema Ordnung etwas näherzubringen. Meine Kinder sind jetzt immer noch Chaoten. Aber wir arbeiten stetig daran, immer erst das, was man gerade gemacht hat, zu Ende zu bringen und wegzuräumen, bevor man etwas Neues beginnt. Vielleicht klappt es ja, bis ich sie dann mit 18 Jahren in die Freiheit entlasse.

Mir scheint, dass Erwachsene in aller Regel ein stärker ausgeprägtes Bedürfnis nach Ordnung haben. Zum Beispiel ist mir aufgefallen, dass ganz viele Erwachsene, wenn sie mit Kindern puzzeln, ihnen geradezu aufdrängen wollen, dass man mit dem Rand anfängt. So haben sie es selbst gelernt und es ist ihnen ein enormes Bedürfnis, das den Kindern auch unbedingt so weiterzugeben. Für mich ist das ein Sinnbild dafür, dass wir uns als Erwachsene danach sehnen, dass wenigstens die Rahmenbedingungen in den verschiedenen Bereichen unseres Lebens geklärt sind. Auch wenn wir das Gesamtbild noch nicht ganz erkennen, so klammern wir uns doch zumindest an die Hoffnung, dass wir den Rest schon irgendwie herausfinden werden, wenn wir nur wenigstens den Rahmen des Bildes unseres Lebens irgendwie zusammen haben. Ordnung ist ein Grundbedürfnis. Sie gibt uns Sicherheit! Kinder hingegen leben das Chaos, weil in ihrer Seele Ordnung herrscht. Diese Ordnung kommt durch ein unbändiges Urvertrauen, das sie haben. In uns als ihre Eltern und in den Vater im Himmel. Sie brauchen keinen Puzzlerand, um das ganze Bild zusammensetzen zu können. Das einzige, was sie brauchen, ist ein bisschen Zeit und unseren guten Zuspruch.

Doch irgendwann verlieren wir dieses Urvertrauen und werden immer skeptischer. Dann geht uns die Ordnung in unserer Seele verloren. Als ich eine Jugendliche war, herrschte in meiner Seele aus verschiedensten Gründen unglaublich viel Chaos. Das kindliche Urvertrauen war weg, der Schleier war zu dünn geworden. Und damit ging es mir richtig schlecht! Und auch jetzt gibt es noch Bereiche in meinem Leben, die für mich emotional chaotisch sind. Aber mir gibt viel Hoffnung, was gerade diese Woche im Leitfaden „Komm und folge mir nach“ zu lesen war. Dort steht: „Wir lernen aus der Schöpfungsgeschichte, dass Gott aus etwas Ungeformtem etwas herrliches machen kann. Daran können wir denken, wenn in unserem Leben Chaos zu herrschen scheint. Der Vater im Himmel und Jesus Christus sind Schöpfer, und ihre kreative Arbeit an uns ist noch beendet…Wenn wir ihrem Wort genauso gehorchen wie die Elemente, können sie uns zu dem wundervollen Wesen formen, das wir werden sollen.“

Präsident Uchtdorf hat in einer Ansprache im Oktober 2020 mit dem Titel „Gott wird Unvorstellbares tun“ drüber gesprochen, wie der Herr uns zu mehr machen kann, als wir uns vorstellen können, wenn wir seiner Hand Vertrauen schenken. Das Evangelium Jesu Christi bewahrt uns nicht vor Widrigkeiten. Aber trotzdem schenkt es uns Sicherheit durch die Ordnung, die Jesus Christus selbst auf dieser Erde aufgestellt hat und die Joseph Smith wiederhergestellt hat. Ich bin für diese Ordnung sehr dankbar. Ich bin dankbar dafür, dass wir einen lebenden Propheten haben. Ich fühle mich nicht bevormundet durch das, was er sagt. So, wie es meinen Kindern nicht immer gefällt, was ich zu sagen habe, so gefällt es uns vielleicht auch nicht immer, was der Herr uns durch seinen Propheten sagt. Und doch glaube ich, dass er es in derselben liebevollen Absicht tut wie ich, wenn ich meine Kinder lehre, was gut ist und was nicht.

Ich möchte euch heute mein Zeugnis geben, dass der Herr unsere Seele sieht. Er sieht die Unordnung, die dort herrscht und er weiß, wie sehr sie uns belastet. Und es ist mein Zeugnis, dass er in jedem Bereich unseres Lebens und in jedem Teil unserer Seele Ordnung und Frieden wiederherstellen kann, wenn wir bereit sind, ihm ganz zu vertrauen. Nichts ordnet unser Leben besser, als die Umkehr, die Jesus Christus uns durch sein Sühnopfer ermöglicht hat. Dafür bin ich dankbar.

Im Namen Jesu Christi, Amen

 

- Aus einer Ansprache von Schwester Dana Jähn

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Unsere Sisters stellen sich vor

Vielleicht, wenn sich die Menschen wieder lieb haben…